Finanzminister Dr. Schäfer: „Deutschland kann und muss aber noch mehr tun im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug!“
Auch Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer macht sich im Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug dafür stark, dass zukünftig die Erteilung einer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für Unternehmen von den Steuerverwaltungen der Länder oder vom Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) unter bestimmten Voraussetzungen abgelehnt oder eine bereits erteilte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für ungültig erklärt werden kann. Ein entsprechender Antrag wurde heute vom Finanzausschuss des Bundesrates beschlossen.
„Allen, die das Umsatzsteuerrecht mit krimineller Energie umgehen oder den festen Vorsatz dazu haben, müssen wir das Vorhaben so schwer wie möglich machen. Umsatzsteuerbetrug kostet die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler jedes Jahr Milliarden. Deshalb müssen wir an einer Vielzahl von gesetzlichen Stellschrauben drehen, um dem Betrug den Garaus zu machen“, so der Finanzminister, der weiter sagte: „Ich setze mich deshalb dafür ein, dass nun die gesetzliche Grundlage geschaffen wird, die von einem betrügerisch agierenden Unternehmer beantragte Umsatzsteuer-Identifikationsnummer abzulehnen oder die bereits erteilte Nummer mit Wirkung für die Zukunft für ungültig zu erklären. Diesen betrügerisch agierenden Unternehmen würden durch eine solche Neuregelung entsprechende Handlungen wesentlich erschwert oder sogar unmöglich gemacht. Die Finanzverwaltung hätte bei aufgedeckten Umsatzsteuerbetrugskarussellen so die Möglichkeit, weitere Schäden am Steueraufkommen im Inland und den übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu verhindern.“
Wichtiger Schritt im Kampf gegen Steuerkriminalität
Derzeit besteht bereits in zwölf Mitgliedstaaten der Europäischen Union eine vergleichbare Regelung.
Mit dem Gesetz gegen Steuerbetrug im Onlinehandel ist Hessens Finanzminister gemeinsam mit seiner baden-württembergischen Amtskollegin erst kürzlich ein wichtiger Schritt im Kampf gegen Steuerkriminalität gelungen: Das Gesetz trat zum 1. Januar 2019 in Kraft und geht auf eine Initiative beider Länder zurück. Seit einem halben Jahr können nun Betreiber von Internetmarktplätzen in Haftung genommen werden, wenn bei ihnen tätige Händler die Umsatzsteuer nicht abführen. „Es war und ist für uns nicht hinnehmbar, dass ausländische Händler für ihre hier verkauften Waren keine Umsatzsteuer zahlen. Deshalb haben wir mit Nachdruck dieses Gesetz vorangetrieben, das die Besteuerung sicherstellt. Eine Befreiung von der Haftung ist jetzt nur noch möglich, wenn der Plattformbetreiber eine Bescheinigung für einen Händler vorweisen kann, dass dieser steuerlich geführt wird. Das bedeutet, dass bisher steuerlich nicht erfasste Händler sich beim Finanzamt registrieren lassen müssen. Und das tun deutlich mehr Händler, seitdem wir das Thema auf Gesetzesebene angestoßen haben“, bilanzierte der Finanzminister.
„Raus aus der Beobachterrolle, rein in die Vorreiterrolle“
„Deutschland kann und muss aber noch mehr tun im Kampf gegen den Umsatzsteuerbetrug. Raus aus der Beobachterrolle, rein in die Vorreiterrolle – damit wir in Europa gemeinsam Kriminellen das Handwerk legen können!“, so die erneute Forderung von Hessens Finanzminister.
„Die Umsatzsteuer ist die aufkommensstärkste Steuer, gleichzeitig ist sie aber auch sehr betrugsanfällig. Die Mittel, dagegen vorzugehen, müssen nicht nur stärker in den Blick, sondern endlich auch zum Handeln in die Hand genommen werden – so wie wir das in Hessen bereits tun. Natürlich findet Umsatzsteuerbetrug auch innerhalb der Landesgrenzen statt, er wird aber vor allem über die Grenzen hinweg zum großen Geschäft für Kriminelle. Deshalb müssen wir die Zusammenarbeit deutschlandweit und innerhalb der Europäischen Union stärken“, sagte Dr. Thomas Schäfer.
Schäfer forderte auch heute vom Bund ein stärkeres Engagement ein. Immer wieder müsse der Bund „zum Jagen getragen werden“. Als Beispiel nannte er die Tatsache, dass neben Großbritannien Deutschland das einzige Land in der Europäischen Union sei, das bislang nicht aktiv am sogenannten TNA-Verfahren (Transaction Network Analysis) teilnimmt. Dabei handele es sich um eine IT-Anwendung, die das europäische Frühwarnsystem zur Aufdeckung von Umsatzsteuerbetrugsfällen „Eurofisc“ durch automatisierte Datenanalyse weiterentwickeln solle: „Deutschland hat erst Anfang Juli, nicht zuletzt auf Drängen Hessens, seinen Beitritt zu TNA erklärt.“ Die erforderlichen IT-technischen Voraussetzungen für einen Einsatz von TNA sind in Deutschland noch zu schaffen. „Deutschland hat bei der Entwicklung zu lange nur den Status eines Beobachters eingenommen, anstatt sich aktiv einzubringen. Es kann nicht sein, dass das größte Land Europas im verstärkten Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug bis heute noch immer verstärkt den Platz auf den Zuschauerrängen einnimmt. Das ist ein fatales Signal an all die Länder, die es mit dem Kampf gegen Steuerkriminalität nicht ernst nehmen.“
„Wir fordern die Umkehr der Steuerschuld“
Finanzminister Dr. Schäfer berichtete: „In Hessen gehen wir den Umsatzsteuerbetrug gezielt an. Unsere Hessische Zentralstelle zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs analysiert Fälle, erkennt Muster und gibt unseren Finanzämtern diese Erkenntnisse an die Hand, damit die Betrügereien dort verfolgt werden“, sagte Schäfer. „Wir haben eine hohe Erfolgsquote und gewinnen im Schnitt der vergangenen Jahre vier von fünf Fällen. Da geht es um viel Geld, vor allem aber um Gerechtigkeit und den konsequenten Kampf gegen Kriminelle“, erklärte Schäfer.
Die Arbeit der hessischen Ermittler führte auch zu einer konkreten Bundesratsinitiative, der sich die Mehrheit der Länder im Bundesrat angeschlossen hat. „Wir beobachten zunehmend Umsatzsteuerbetrug im Sicherheitsgewerbe. Allein in Hessen haben wir dazu über 420 Verdachtsfälle. Dabei wird durch komplexe Strukturen mit mehreren Subunternehmen versucht, die Steuerzahlung zu umgehen. Wir fordern daher die Umkehr der Steuerschuld und haben dabei die Länder hinter uns. Leider mauert hier wieder der Bund. Das Bundesfinanzministerium möchte unsere Initiative nicht aufgreifen und lässt die Tür für Betrüger damit offen. Ich hoffe, dass nicht zuletzt durch die immer wieder in der Öffentlichkeit geführten Diskussionen über den europaweiten Betrug mit der Umsatzsteuer hier ein Einlenken erfolgt. Schließlich hat dieses sogenannte Reverse Charge-Verfahren in anderen Branchen bereits nachdrücklich gewirkt“, sagte Schäfer.