Start International Europa verspielt auf dem Balkan seine Glaubwürdigkeit (HE)

Europa verspielt auf dem Balkan seine Glaubwürdigkeit (HE)

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Die Hessische Europaministerin Lucia Puttrich kritisiert die Absage der EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien.

Die Hessische Europaministerin Lucia Puttrich kritisiert die hauptsächlich von Frankreich auf dem EU-Gipfel vor wenigen Tagen erzwungene Absage der EU-Beitrittsgespräche mit Nordmazedonien und Albanien. „Das Brexit-Drama überstrahlt derzeit alles. Dabei wird übersehen, dass die Europäische Union an anderer Stelle gerade einen historischen Fehler begeht, nämlich auf dem Westbalkan“, sagte Puttrich in Wiesbaden am Dienstag in Wiesbaden. „Weil der vermeintliche Europafreund Emmanuel Macron aus rein innenpolitischen Gründen sein Veto gegen Beitrittsgespräche eingelegt hat, verspielt die EU auf dem Westbalkan ihre Glaubwürdigkeit.“

Regionalpartnerschaft mit Vojvodina

Hessen werde diesen Fehler nicht machen und deshalb demnächst die Absichtserklärung für eine Regionalpartnerschaft mit der Autonomen Provinz Vojvodina in Serbien unterzeichnen. Sie ist auch im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung vorgesehen. Voraussichtlich Ende November wird eine Delegation unter Leitung von Igor Mirović, dem Regionalpräsidenten der Provinz Vojvodina, dazu nach Wiesbaden kommen.

Die aktuelle Absage für Beitrittsgespräche mit Albanien und Nordmazedonien werde auf dem gesamten Westbalkan Konsequenzen haben, ist sich Lucia Puttrich sicher. Bei ihren Gesprächen in Belgrad, wo die Ministerin im Frühsommer unter anderem mit Ministerpräsidentin Ana Brnabić zusammengetroffen war, sei die Botschaft klar gewesen. „Die Regierungen dort wissen, dass sie Hausaufgaben erledigen müssen, damit ihre Länder beitrittsfähig werden. Sie wissen auch, dass der Weg in die EU noch steinig sein wird, aber sie erwarten zu Recht eine klare und verbindliche Beitrittsperspektive.“

Wenn jetzt der Eindruck entstehe, dass die EU Zusagen nicht einhalte, sei das ein fatales Signal und werde als Geringschätzung und Demütigung empfunden. „Das jagt Regierungen, die in ihren Ländern schmerzhafte Reformprozesse in Gang gesetzt haben, aus dem Amt oder in die Arme von China, Russland oder der Türkei, die auf dem Balkan ohnehin ihren Einfluss zu Lasten Europas erweitern wollen.“

Stabilität des Balkans

Ohne Beitrittsperspektive sieht die Hessische Europaministerin zudem die Stabilität des gesamten Balkans gefährdet. „Wer dort mit Menschen spricht, spürt rasch, wie groß die Gegensätze zwischen den Nachbarstaaten dort noch sind. Der Nationalismus blüht und wird von interessierten Kreisen weiter geschürt. Ohne die integrierende Kraft der Europäischen Union sehe ich die Gefahr, dass alte Konflikte hier wieder aufbrechen“, warnt die Hessische Europaministerin.

Hessen setzt bewussten Akzent

Hessen selbst setze in der Region mit seinem Engagement einen bewussten Akzent, betont Lucia Puttrich weiter. Die Vojvodina sei eine Provinz, die durch ihre Geschichte stets nach Westen orientiert gewesen ist und in der Deutsche über Jahrhunderte als Teil der Bevölkerung eine wichtige Rolle gespielt haben. Heute sei es insbesondere die Jugend, die in die Europäische Union dränge. Die Ministerin verweist darauf, dass es zum Beispiel im Umweltbereich bereits funktionierende Kontakte zwischen Hessen und der Vojvodina gibt. „Wir sind sicher, dass wir unseren Beitrag zur weiteren Entwicklung der Region leisten und selbst von dieser Partnerschaft profitieren können. Das ist auch mein Verständnis davon, wie ein Land wie Hessen Europapolitik betreiben kann“, sagt die Hessische Europaministerin.

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